Dominic Schibli vom lila. Ein verrücktes Jahr in Planung

Dominic Schibli studiert Germanistik und Philosophie an der Universität Basel und ist als Aktivist bei der Milchjugend aktiv. Als künstlerische Leitung des «lila. queer festival» widmet er einen Grossteil seiner freien Zeit der Organisation des einzigen spartenübergreifenden queeren Kunstfestivals der Schweiz.

Dominic Schibli studiert Germanistik und Philosophie an der Universität Basel und ist als Aktivist bei der Milchjugend aktiv. Als künstlerische Leitung des «lila. queer festival» widmet er einen Grossteil seiner freien Zeit der Organisation des einzigen spartenübergreifenden queeren Kunstfestivals der Schweiz.

 

Wie bist du zur Milchjugend gekommen?

Ich wurde schon mit 16 von Freund*innen gefragt, ob ich mit an die Milchbüechliparty wolle. Ich fand es aber immer komisch, was diese «Milchbüebli»-Party sein soll, da ich den Namen immer falsch verstanden habe. Einen wirklichen Bezugspunkt zur Milchjugend hatte ich dann erst, als ich vor etwa vier Jahren das heutige Pink Cross-Vorstandsmitglied Florian Vock kennenlernte und er mich für die Mitorganisation des Festivals angefragt hat. Diese Möglichkeit kam zur genau richtigen Zeit in meinem Leben – und ich war sehr enthusiastisch, ein neues Projekt in Angriff zu nehmen. Seit 2017 bin ich im Kernteam voll dabei.

Welche Erlebnisse haben dich in der Milchjugend besonders geprägt?

Das sind vor allem die tollen Erinnerungen an die vergangenen Festival-Ausgaben. Das Familiengefühl und die Stimmung sind unbeschreiblich schön und für mich persönlich ist es ein grosses Vergnügen, an so einem bedeutenden Projekt mitzuwirken und zu sehen, wie sich unsere Gäste, in dem von uns geschaffenen Space wohl und befreit fühlen können. Ausserdem habe ich in der Milchjugend eine zweite Familie gefunden, nach der ich mich schon lange gesehnt habe.

Und welches lila. hat dir bisher am besten gefallen?

Da fällt es mir schwer, mich festzulegen. Alle lila. Festivals waren bisher unterschiedlich und auf ihre eigene Art ganz besonders. Das erste lila. fand 2017 noch in einem kleineren Rahmen auf einer Wiese in Wittnau statt, was das Gefühl vor Ort noch viel familiärer machte. Das lila. wuchs über die Jahre. Wir waren ein Jahr in der Photobastei zu Gast und nun sind wir in der Roten Fabrik. Durch den Wechsel zur Roten Fabrik in Zürich haben wir mit den vielseitigen Räumen und dem grossen Aussenbereich ganz neue Möglichkeiten, ein queeres Universum für ein Wochenende zu schaffen. Das macht das lila. queer festival auch aus. In der kreativen Atmosphäre der Roten Fabrik haben wir die Möglichkeit zu wachsen und uns zu verwirklichen.

Was bedeutet das lila. für dich?

Das lila. ist für mich ein Raum der Möglichkeiten, der unterschiedliche Begegnungen zulässt. Ein Raum, der über Kunst Zugänge zu verschiedenen Geschlechtsidentitäten und sexuellen Orientierungen schafft. Gerade für unser jüngeres Publikum entsteht dadurch eine Auseinandersetzung mit queerer Kunst, die sie zu gewissen Teilen auch selbst repräsentiert. Kunst gibt einem die Bestätigung auf unterschiedlichsten emotionalen und intellektuellen Weisen, dass du so sein darfst, wie du willst.

Du bist für die künstlerische Leitung des lila. verantwortlich. Was reizt dich an dieser Aufgabe?

Nach der Mitorganisation des ersten lila. bin ich im darauffolgenden Jahr in diese Aufgabe reingewachsen. Als kunstliebende Person gefällt es mir, ein breites Programm zu erschaffen und mich mit den Künstler*innen und den verschiedenen Ansätzen auseinanderzusetzen. Es erfüllt und motiviert mich auch, so viele Menschen zu begeistern und meinen Teil an das Gelingen des Festivals beizutragen!

Und was gehört zu deinen Aufgaben?

Unser Team besteht aus sechs Personen. Gemeinsam recherchieren wir die Künstler*innen, kümmern uns um das Booking und legen den zeitlichen Ablauf des Programms fest. Wir organisieren die Reisen der Künstler*innen und schauen, dass alle gut unterkommen, klären den Bedarf nach technischen Mitteln und weiterer Infrastruktur für die Auftritte ab und führen zusammen mit der Technik die Soundchecks durch. Am Festival schauen wir dann, dass alle Abläufe hinter der Bühne reibungslos funktionieren und alle zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind – schwieriger, als man denkt. Uns ist es auch immer ein besonderes Anliegen, dass unsere Künstler*innen sich wohlfühlen und dadurch auch neben der Bühne ein Austausch zwischen ihnen und unserem Publikum entstehen kann.

Wo liegen die Herausforderungen?

Im Allgemeinen sind die Planung und Durchführung sehr anspruchsvoll und manchmal auch etwas zermürbend. Wir beginnen nahezu nahtlos am Ende eines lila. mit der Planung des nächsten. Beim Booking stehen wir häufig vor Herausforderungen, weil wir immer mit begrenzten finanziellen Mitteln arbeiten müssen. Als queeres Jugendkultur Festival, dass komplett ehrenamtlich organisiert ist, stossen wir aber auch auf viel Verständnis, Solidarität und Begeisterung von Seiten der Künstler*innen. Deshalb haben wir auch immer Künstler*innen, die mit ihrem ganzen Herzblut beim Grundgedanke des Festivals sind und es entstehen durch die gegenseitige Wertschätzung auch ganz viele neue Freundschaften. Nichts desto trotz ist dies immer ein Balanceakt – wir wollen faire Gagen zahlen.

Auf welchen Act freust du dich in diesem Jahr am meisten?

Auch dieses Jahr bin ich wieder sehr glücklich mit dem sehr diversen Programm, dass wir zusammenstellen konnten. Es fällt mir sehr schwer, mich festzulegen, da ich über alle Acts viel zu erzählen hätte und ich alle sehr reizvoll finde. Besonders freue ich mich unter anderem auf Tami T! Tami T lebt in Berlin und macht elektronische Musik mit selbstgemachten Instrumenten. Unter anderem besitzt Tami T einen Strap-On Dildo, den Tami so manipuliert hat, dass Tami damit Musik machen kann. Mich reizen Performances, die provozieren und auch etwas abgefuckt sind, wie man vielleicht merkt! (lacht)

Wie kann eine Einzelperson das lila. unterstützen?

Wir freuen uns natürlich immer über finanzielle Unterstützung, zum Beispiel in Form von Spenden oder den Kauf von Gönner*innentickets. Wir suchen auch jedes Jahr Sponsoren, das können Firmen oder Institutionen sein. Und natürlich brauchen wir auch Personenkraft: Allein im letzten Jahr hatten wir über 200 Helfer*innen, ohne die das lila. in dieser Form nicht möglich wäre.

In diesem Jahr dürft ihr nur mit 300 Besucher*innen feiern. Was heisst das für euch als Veranstalter*innen?

Für uns heisst das konkret, dass wir die Anzahl Teilnehmer*innen begrenzen und das Programm einschränken müssen – denn weniger Tickets heisst weniger Einnahmen. Für uns war aber immer klar, dass das lila. stattfinden soll, in welcher Form auch immer. Entsprechend mussten wir kontinuierlich Anpassungen treffen. Vor allem in der Kommunikation (ob mit Künstler*innen oder Gästen) ist die Situation sehr schwierig. Wir sind aber sehr motiviert, auch in diesem Jahr ein unvergessliches lila. auf die Beine zu stellen!

Möchtest du sonst noch etwas loswerden?

Ich denke, dass wir bisher in der Schweiz immer noch zu wenig queere Räume haben und finde es wichtig, bestehende und neue Safe Spaces aktiv zu fördern und für diese zu kämpfen – laut, tanzend und feiernd!

Am «lila. queer festival» wird seit 2017 jährlich queere Kultur in allen Formen gefeiert: Gesang und Tanz, Dragshows und Performances, Lesungen, Workshops und mehr. Das lila. wird von einem freiwilligen Team der Milchjugend organisiert. Mehr über das lila. kannst du online unter lila.milchjugend.ch erfahren.

Interview: Manolito Steffen / Community Manager Pink Cross mit Dominic Schibli vom lila. queer festival